Es geht immer weiter

Ich sitze vor meinem Team, links die tollen alten Gärtner und Gärtnerinnen, rechts die Neuen und in der Mitte Franzi, meine Sekretärin, die mir so viel im Büro ab nimmt. Gemeinsam planen wir die Woche. „Friedhof geklärt? Büro geklärt? frage ich.“ Dann los, packen wir es an. Franzi fragt noch: „Martin, kann ich dich nochmal alleine sprechen?“ Es ist normal, dass wir zusammen Dinge besprechen. Doch die paar Worte lassen mein Herz kurz holpern. Klar, ich komme gleich ins Büro. Mit Turnschuhen gehe ich locker den 10 Meter Flur entlang. Am Gang würde man denken, der Chef ist aber glücklich mit seiner Firma. Glücklich bin ich. Doch wenn ich diese Tür hinter mir schließe ändert sich alles.

Ich nehme mir meinen Hocker und setze mich zu Franzi. Na was haste denn, frage ich locker überspielt. Martin, ich werde hier aufhören. Ich spüre einen Druck im Hals. Es ist erstaunlich wieviel Gedanken mir in kurzer Zeit durch den Kopf rauschen: Ich im Büro alleine; Herbstbepflanzung; wer am Telefon; Angebote schreiben; Termine, Call-Center, was die anderen sagen.

Ist jetzt die Zeit für ein Burnout? Ähm, Franzi das musst du jetzt erstmal erklären.

Der Grund ist simple und verständlich, für mich wie eine Ohrfeige. Der Kloß im Hals bleibt, nur schnürt sich der Hals enger. Ok, ruhig bleiben Martin. Ich habe eine Stelle als Schulsekretärin in meinem Ort angeboten bekommen. Ich denke: „mehr Geld, kurzer Arbeitsweg, eigene Kinder in der Schule. Das macht alles Sinn.“ Ihre Worte klangen fest und entschlossen. Ich kenne Franzi als jemanden, der wichtige Dinge gut überlegt. Meine Stimme zittert. Ich reiße mich zusammen und spreche ruhig und sachlich mit Ihr. Wann? Wie? Bleibst du bis zum letzten Tag? Wir sind uns einig, eigentlich verstehen wir uns wie immer gut. Doch mein Hals schnürt sich enger zu. Als wir alles besprochen haben wird es Zeit sich umzudrehen, denn es bleibt nicht bei der zittrigen Stimme. Ich drehe mich um schließe die Tür, gehe den Flur mit 100 kg Ballast und glasigen Augen entlang.

Ich rede mit Keinem. Ich fahre mit Rene zum Friedhof, er redet die ganze Zeit irgendwas… und ich höre nicht zu. Meine Frau rufe ich zum Sorgen teilen an. Schon mal 50 kg leichter. Mein Kopf arbeitet auf Hochtouren. So langsam habe ich gecheckt, dass es nur in eine Richtung geht. Kein Aufgeben! Eine Jetzt-erst-recht-Stimmung macht sich breit. Ich setzte mich aufs Fahrrad, stecke meine AirPods ins Ohr und höre ein Lied das mir hilft. Während ich freihändig nach Hause fliege, lege ich mir eine Playlist auf Spotify und eine Stellenanzeige im Kopf zurecht. Ich sage zu meiner Frau mit strahlenden Augen: „Wir essen jetzt, bringen die Kinder ins Bett und schreiben die beste Stellenanzeige, die man für unsere Firma schreiben kann.“ Indeed, Ebay, Webseite, geile Bilder… das volle Programm. Bähm…

Innerhalb von 5 Tagen haben wir über 40 starke Bewerbungen. Wir nehmen die Anzeige nach kurzer Zeit offline. Zusammen mit Franzi suchen wir die Top 7. Jeden Tag eine Bewerbung. Dann sind wir in einer Woche durch, dann 1 Woche Einarbeiten mit Franzi. Das ist das Ziel.

Meinem Team berichte ich erst davon, als die Bewerbungsgespräche geplant sind. Stimmung ist nicht rosig, doch ich spüre eine Kraft, die mir sagt, ich bin nicht allein. Von 7 Gesprächen sind es 3 Frauen, die super geeignet sind. Die Gespräche führe ich zusammen mit meiner Kollegin Janine.

Vor den ersten Gesprächen frage ich meine Tochter abends im Bett: „Romy, wie erkennt man einen guten Menschen?“ „Papa, du fragst einfach ob sie Haustiere hat.“

Sie hat 2 Hasen, die aussehen wie aufgeplatzten Sofakissen. Schön, dass du da bist Jessi!

Link zur Spotify Playliste: https://open.spotify.com/playlist/2qruYyeitCHGzdWSoDQTas?si=14640c689b5247ff